Welche Zukunft haben die Moore Niedersachsens
Über 110 Interessierte folgten der Einladung des NABU-Bundesverbandes, der in Zusammenarbeit mit dem NABU Rastede am 7. Januar 2012 ein ganztägiges Moorschutz-Symposium im Akademiehotel Rastede durchführte. Die Referenten waren Experten der Uni Greifswald (Matthias Krebs; der Projektleiter Prof. Joosten befand sich im Publikum), des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN, Jürgen Göttke-Krogmann) sowie des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (Dr. Heinrich Höper). Thema ihrer Vorträge waren die Klimarelevanz von Moornutzung und -renaturierung, Wunsch und Wirklichkeit von artenreichem Hochmoorgrünland sowie die Torfmooskultivierung (Hankhauser Moor). Felix Grütz macher vom NABU-Bundesverband moderierte.
Die hohen Niederschläge und die damit verbundenen Wasserstände dieses Winters können - aus Sicht der Moorexperten des Moorsymposiums - nicht günstiger sein. Denn die hohen Wasserstände reduzieren die schädliche Treibhausgas-Emission aus Moorböden um ein Vielfaches.
Darin waren sich die Experten einig. Belegt wurde diese These anhand von Statistiken zahlreicher Gasmessungen, die Dr. Heinrich Höper in seinem Vortrag vorstellte. Dabei werden die verschiedenen Nutzungen der Moorflächen unterschiedlich bewertet: intensive und extensive Grünlandnutzung, Torfabbau, Torfmooszucht (eine der sog. Paludi-Kulturen) und das noch intakte Moor. Während der Schadstoffausstoß bei einem intakten Moor gegen Null geht, sind die Emissionen beim Torfabbau im Vergleich mit anderen landwirtschaftlichen Nutzungsformen am höchsten. Hier werden zudem noch einzelne Abfolgen unterschieden: Von der anfänglichen Entwässerung des Moorkörpers, über die Zeit des aktiven Abbaus, dann Brache und Vernässung und schließlich die annähernde Wiederherstellung des Moores - die Etablierung von Torfmoosen. In der Wissenschaft wird für die vergleichende Betrachtung der Emissionswerte jeweils von einem 100jährigen Zeitraum ausgegangen.
Nach der Beendigung einer Abtorfungsmaßnahme übernehmen die Torfabbauunternehmen in der Regel die Aufgaben für die Renaturierung ihrer ehemaligen Abbaugebiete. Eine Herausforderung ist die Renaturierung von degradierten Hochmooren mit Birken- und Kiefernwald und Flatterbinsen-Stadien. Die Vernässung zur Herstellung eines ökologischen Gleichgewichts ist nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, wobei der Erfolg fraglich bleibt.
Einfacher herzustellen ist dagegen die Vernässung von abgetorften Niedermooren, wobei in der Regel neue große Seenlandschaften entstehen, die der Landwirtschaft dann nur noch selten zur Verfügung stehen. Vielmehr werden diese Feuchtbiotope zu Rückzugsgebieten für seltene Pflanzen- und Tierarten. Hier stellt sich generell die Frage der späteren Nutzung.
In dem Vortrag von Jürgen Göttke-Krogmann wurden vorwiegend pragmatische Lösungen angesprochen. Der Referent war lange Zeit bei der Umsetzung des Moorschutzprogrammes bei der ehemaligen Bezirksregierung Weser-Ems eingebunden und hat sich mit der Bewirtschaftung von Moorböden in den verschiedenen Stadien beschäftigt. Er hob hervor, dass es keine rechtlichen Grundlagen zum Verbot des Tiefpflügens (Kuhlen) gibt, bei dem der mineralische Untergrund mit dem Torfkörper vermischt und so eine erhebliche Torfmenge freigesetzt wird. Das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) wirkt einem ökologischen Umgang mit Moorböden negativ entgegen. Die Folgen sind Vermaisung und Gülleproblematik.
Der Referent Matthias Krebs berichtete von der Forschung mit Torfmoosen als Torfersatzstoff. Für den Anbau von speziellen schnellwachsenden Torfmoosen (Sphagnum) werden Moorflächen nach Abtrag der deckenden Vegetationsschicht gezielt vernässt, die Mineralisierung des Torfs und die Freisetzung von CO2 damit stark verringert.
Zum Forschungsprojekt gehört das ca. 5 ha große Torfmoos-Versuchsfeld im Hankhauser Moor. Bis auf die oberste Vegetationsschicht bleibt der Torfkörper weitgehend unberührt. Die Torfmoossaat wird auf der so aufbereiteten Oberfläche aufgebracht. Durch Wasserhaltungsmaßnahmen wird der Wasserstand auf Geländehöhe gehalten. Dadurch wird ein Austrocknen oder eine Überstauung der Pflanzen verhindert. Der Versuch befindet sich nach einem ¾ Jahr z. Zt. noch im Anfangsstadium. Die erste Ernte erwartet man nach frühestens drei Jahren. Bis dahin müssen die Flächen 2 - 3 Mal jährlich gemäht werden, um ungewünschten Aufwuchs von Wildkräutern, Flatterbinse, Birken und Weiden zu begegnen.
Das bereits andernorts so gewonnene Torfmoos-Substrat werde schon erfolgreich zur Kultivierung verschiedener Zierpflanzen, darunter Orchideen (Phalaenopsis), Weihnachtssterne und Alpenveilchen eingesetzt. Eine bis zu 20%ige Verunreinigung durch Wildkräuter sei dabei tolerabel.
Bei der anschließenden Besichtigung der Projektflächen konnten die Fragen zur technischen Umsetzung und zum Stand der Entwicklung erläutert werden.
Als Ergebnis der Tagung konnten die Teilnehmer mit nach Hause nehmen, dass es die Lösung für die Moordegeneration nicht gibt. Jede Form der Bewirtschaftung (selbst die Nichtnutzung) eines entwässerten Hochmoorkörpers führt zu einer mehr oder weniger raschen Reduzierung der Torfauflage mit dem Ergebnis einer die weitere Nutzung erforderlich machenden fortschreitenden Entwässerung. Nur der gewässerte Moorkörper zersetzt sich kaum und emitiert praktisch keine Treibhausgase. Daher ist die diesem Zustand etwa gleichzusetzende Torfmooskultivierung ein hoffnungsvoller Ansatz, bisher der landwirtschaftlichen Nutzung unterliegende Moorflächen weitgehend emissionsfrei zu halten, einen Torfersatzstoff zu produzieren und dadurch die weitere Zerstörung von Hochmooren aufzuhalten.
Silke Lorenz
07.01.2012
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